Ich komme an in Ecuador - dem kleinsten aller Andenstaaten. Die dritte Etappe meiner Andendurchquerung beginnt.
Mit diesem Land verbindet mich eine alte Liebe: Schon 1995 zog ich als Mochilero, als Rucksackreisender, von Quito entlang der Straße der Vulkane, erahnte die beeindruckenden Feuerberge im dichten Wolkenmeer, das unermüdlich Tag und Nacht aus dem nahen Amazonasbecken ins Hochgebirge quillt. Es spendet die Feuchtigkeit, die die Andentäler so fruchtbar macht. Und das Fotografieren der mächtigen Vulkane so schwierig. Aber diesmal muss es klappen! Ganze drei Wochen bin ich auf der Jagt. So bald der Wetterbericht halbwegs Wolkenlücken verspricht, mache ich mich auf den Weg zu den Riesen mit den klanghaften Namen wie Cotopaxi, Chimborazo, El Altar oder der in den deutschen Medien konsequent falsch ausgesprochene aktive Vulkan Tungurahua. Sie alle sind das Ziel meiner fotografischen Begehrlichkeiten.
Dass ich unterwegs immer wieder in skurrile, lustige oder spannende Situationen gerate, versteht sich von selbst. In Otavalo bin ich eingeladen bei Familie Cisneros und darf mir das schönste, fetteste und dickste „Fleischmeerschweinchen“ im Stall heraussuchen, das mir schließlich mit großem Stolz serviert wird. Auf dem Weg zum aktiven Amazonas-Vulkan Reventador bin ich nahe am Verdursten, weil ich zu spät bemerke, dass das Wasser im oberen Gipfelbereich giftig ist. Und in der Comunidad Quinua Ñan versuche ich, bei der Quinoa-Ernte zu helfen – sehr zur Belustigung der Campesinos!
„Die Ecuadorianer sind seltsame und einmalige Wesen: sie schlafen ganz ruhig mitten unter knisternden Vulkanen, sie leben arm inmitten von unermesslichen Reichtümern und sie freuen sich über traurige Musik“, schrieb von Alexander von Humboldt vor knapp 200 Jahren.
Ich kann diese Gedanken durchaus nachvollziehen und staune über die Vielfalt dieses Landes am 0. Breitengrad. Viel gäbe es noch zu entdecken, aber ich habe noch tausende von Kilometern vor mir. Die alte Inkafestung Ingapirca im Süden des Landes stimmt mich auf das ein, was nun kommen wird: Ich mache mich auf zur vierten Etappe der langen Reise: Vor mir liegt Perú, das Kernland der Inka!